Interview mit Esther Mitterstieler, Landesdirektorin des ORF Tirol

Esther Mitterstieler geht im Gespräch auf die Themen Frauen in Führungspositionen und die Herausforderungen der Medien im Wandel der Zeit ein.

Die richtige Mischung macht es aus und dazu die passende Qualität. Wenn die zwei Komponenten nicht passen, suchen sich die Zuseherinnen und Zuseher andere Menüvorschläge. 

Frauen in Führungspositionen sind in den Medien eher selten, warum?Esther Mitterstieler: Das ist eine schwierige Frage. Um nicht das antiquierte Bild der mangelnden Vereinbarkeit mit Familie und Kindern zu bedienen. Medien sind ein sehr komplexes Feld, in dem es für Führungskräfte nicht einfach ist, eine halbwegs ausgeglichene Balance zwischen Berufs- und Privatleben zu schaffen. Das ist in Zeiten sozialer Medien noch schlimmer geworden. Ich würde auf Ihre Frage eher so antworten: Es gibt sehr wohl Frauen in Führungspositionen, aber meis-tens dürfen sie erst dann ran, wenn es extrem schwierig ist, wenn Umstrukturierungen anstehen, wenn die Budgets immer enger werden. Wir sind die sogenannten Trümmerfrauen. Warum das so ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Ich habe für mich noch keine zufriedenstellende Antwort gefunden.


Sie sind seit Januar 2022 Landesdirektorin des ORF Tirol und tragen somit auch die Verantwortung für die Sendung „Südtirol heute“. Welchen Anspruch verfolgen Sie dabei?
Das ist eine besonders schöne Aufgabe, für die ich dankbar bin. „Südtirol heute“ ist ein gut eingeführtes Format, das ich mit dem neuen Chefredakteur David Runer und seinem Team weiterentwickeln werde. Einerseits brauchen wir mehr Abwechslung in der Sendung, also eine Mischung zwischen kürzeren und längeren Beiträgen, mehr Live-Einstiege, und inhaltlich betrachtet mehr Politik und Wirtschaft und die Auswirkungen auf das tägliche Leben der Südtirolerinnen und Südtiroler. Gleichzeitig darf die Sendung weiterhin mit bunten Geschichten unterhalten. Das alles muss eingebettet sein in unsere historische Europaregion Trentino-Südtirol-Tirol.
Das möchte ich jedenfalls noch als Grundlage verstärkt wissen, im Süden wie auch im Norden Tirols. Und wir werden unseren Auftritt in den sozialen Medien und online ganz klar verstärken, weil wir auch die jüngeren Menschen im Land verstärkt ansprechen möchten.


Die Menschen sind immer mehr in digitalen Medien unterwegs. Wie müssen Radio und Fernsehen darauf reagieren?
Ich sehe da große Chancen, auf allen Plattformen zu performen. Das sieht man am Beispiel Nordtirol. Die Medien bespielen sich gegenseitig. Ich kann nicht warten, bis ich am Abend auf „Südtirol heute“ Themen präsentiere. Wenn die Bärin gefangen wird, muss das sofort online berichtet werden.


Die Gastronomie bietet ihren Kunden täglich ein Menü. Dasselbe tun auch Medien. Auf was kommt es dabei an?
Es kommt mehr oder weniger auf dasselbe an. Wir brauchen einen guten Appetizer, dann kommt die Vorspeise, die Hauptspeise kann auch garniert mit einem Studiogast sein, das Dessert soll wieder ein freudvolles Ende darstellen, so wie bei uns etwa die bunten Geschichten.
Wichtig ist jedenfalls, die Relevanz der Sendung über den richtigen Mix zu erhöhen. Eine Aneinanderreihung von bunten Geschichten bringt ebenso wenig wie eine Aneinanderreihung von reinen Hardcore-Politgeschichten. Die richtige Mischung macht es aus und dazu die passende Qualität. Wenn die zwei Komponenten nicht passen, suchen sich die Zuseherinnen und Zuseher andere Menüvorschläge. Das werden wir zu verhindern wissen, weil unser Menü das beste ist (schmunzelt).


Welchen Bezug haben Sie zum Gastgewerbe?
Ich bin in einer Garni aufge-wachsen und habe zwei Geschwister mit Hotel. Ich würde sagen, einen sehr starken, und ich kenne die Freuden und auch die Mühen.


Sie haben viele Jahre in verantwortungsvollen Positionen in Wien gearbeitet und dort gelebt. Jetzt in Innsbruck. Was bedeutet für Sie Südtirol?
Ich bin jetzt unterwegs zwischen Innsbruck, Wien und Völs. Das ist für mich eine ideale Situation, weil ich in diesen drei Welten stark verhaftet bin.
In Völs am Schlern sind und bleiben meine Wurzeln, und ich komme immer sehr gerne nach Südtirol, weil es einfach ein wunderschöner Flecken auf der Erde ist, weil meine Eltern, Geschwister und Nichten und Neffen hier sind – und Freundinnen, die mich fast ein ganzes Leben lang begleiten. Dafür bin ich dankbar.

Hat dir dieser Artikel gefallen?
Dann teile ihn mit deinen Freunden.
Rundum informiert
Hier erfahren Sie alle Neuigkeiten zu unseren Dienstleistungen.