Evelyn Palla, Vorständin der Deutschen Bahn AG, im Gespräch

Die gebürtige Südtirolerin spricht über die Herausforderungen des öffentlichen Nahverkehrs und gibt Einblicke in ihren Berufsalltag. 

Nahverkehr muss einfach sein und Spaß machen

Evelyn Palla ist seit dem 1. Juli 2022 Vorstand Regionalverkehr der Deutschen Bahn AG. Sie startete ihre berufliche Laufbahn 1997 bei der Infineon Technologies AG. Ab 2003 war die gebürtige Südtirolerin bei der E.ON AG in München, Köln und Mailand tätig. 2011 wechselte sie zu den Österreichischen Bundesbahnen nach Wien. Dort war sie ab 2015 als Vorständin der ÖBB Personenverkehr AG für den Regionalverkehr zuständig. Zudem bekleidete sie ab 2015 das Amt der Aufsichtsratsvorsitzenden der ÖBB Postbus AG. 
Im Februar 2019 wechselte sie zur Deutschen Bahn und trat ihre neue Funktion als Finanzvorständin der DB Fernverkehr AG an. Im Juli 2022 wurde Evelyn Palla zur Vorständin für Regionalverkehr der Deutschen Bahn AG berufen.

 

Sie sind Vorständin des Regionalverkehrs der Deutschen Bahn AG. Wie kann man sich Ihre Arbeit vorstellen?
Mein Ziel ist es, Menschen eine flexible Alltagsmobilität aus einer Hand anzubieten. Wir bewegen da heute schon sehr viel: Als größter Nahverkehrsbetreiber Deutschlands bietet DB Regio 22.000 Zugfahrten täglich an. Wir sind mit 10.000 Bussen auch der größte Busbetreiber. Im Jahr befördern wir insgesamt mehr als 1,6 Milliarden Reisende allein auf der Schiene. Dafür Verantwortung zu übernehmen, macht mir sehr viel Freude. In keinem anderen Unternehmen kann man so unmittelbar etwas für den Klimaschutz und eine bessere Mobilität für Millionen von Menschen beitragen.

 

Was muss passieren, damit die Menschen noch stärker die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen anstatt das eigene Auto?
Der große Hebel für die Mobilitätswende ist der ländliche Raum. Zwei Ziele sind mir hier besonders wichtig: Zum einen muss der öffentliche Nahverkehr so flexibel sein wie das private Auto. Möglich wird das mit kleinen, flexibel einsetzbaren Fahrzeugen ohne feste Routen und Haltestellen. Unsere Kundinnen und Kunden rufen diese Shuttles Tag und Nacht per App und fahren mit ihnen von ihrer Haustür an ihren Wunschbahnhof – oder zurück. So schließen wir eine Lücke, die bisher oft nur das Auto schließen konnte. Diese Bedarfsverkehre werden wir stark ausbauen. Zum anderen wollen wir auch im Schienenverkehr mit Innovationen Maßstäbe setzen. Unser Ideenzug mit Büroabteilen und Ohrensesseln zeigt, wie wir den ÖPNV für unsere Fahrgäste angenehmer machen wollen.

 

In Deutschland konnten die Bürgerinnen und Bürger 2022 mit dem 9-Euro-Ticket die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. War das ein Erfolg?
Das 9-Euro-Ticket war ein voller Erfolg, insgesamt wurde es 52 Millionen Mal verkauft. In der Zeit sind zehn Prozent mehr Fahrgäste mit unserem Regionalverkehr unterwegs gewesen als vor Corona. 
Jeder fünfte Fahrgast hat den öffentlichen Personennahverkehr neu für sich entdeckt. Aber das Wichtigste ist: Ohne das 9- Euro-Ticket wäre das jetzt kommende Deutschlandticket undenkbar – eine bundesweite Flat­rate für den Regionalverkehr. Damit überwinden wir Tarifgrenzen und machen den Nahverkehr in ganz Deutschland unübertroffen einfach.

 

Vor welchen Herausforderungen steht der Nahverkehr in Deutschland?
Um das künftige Verkehrswachstum auf der Schiene zu stemmen, brauchen wir Investitionen in die Infrastruktur. Nur so können wir unseren Fahrgästen ein zuverlässiges Angebot machen. 
Momentan haben wir in Deutschland zu viel Zugverkehr auf zu wenig Schienenkapazität. So bilden sich Staus, wie wir das von der Straße kennen. Das gehen wir jetzt an. Wir wollen bis 2030 von einem hochbelasteten Netz hin zu einem Hochleistungsnetz kommen und viele Strecken generalsanieren.

 

Der öffentliche Nahverkehr ist auch in Südtirol ein großes Thema. Worin erkennen Sie Verbesserungspotenziale?
Jeder öffentliche Nahverkehr steht vor der Herausforderung, dass der Bau von Schienen und Bahnhöfen nicht überall schnell möglich ist. Deshalb halte ich die flexiblen Bedarfsverkehre für einen wichtigen Schlüssel, um den Nahverkehr noch attraktiver zu machen. Nahverkehr muss einfach sein und Spaß machen – dann lassen auch immer mehr Menschen ihr privates Auto stehen.

 

Sie haben im Ausland Karriere gemacht. Wie halten Sie den Kontakt zu Südtirol aufrecht?
Ich bin in Bozen aufgewachsen und habe dort meine Kindheit verbracht. Nach wie vor bin ich regelmäßig dort, Teile meiner Familie wohnen dort. Südtirol bedeutet für mich Heimat. Besonders in Erinnerung sind mir die Ferien auf dem Berg­bauernhof meiner Großeltern. Dort ist bei mir eine Liebe und Verbundenheit zur Natur entstanden, die mich bis heute leitet. Jeden Tag daran zu arbeiten, unsere Umwelt zu schützen – das treibt mich an. 

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